Donnerstag, 28. Juni 2012

Innerer Monolog von Anne Frank auf dem Weg ins Hinterhaus

Ist das denn ein Leben? Wie die Schwerverbrecher müssen wir unsere alte Existenz aufgeben, um uns eine neue aufzubauen. Fernab von unseren Freunden und von denen, die wir lieben. Wir sind in der selben Stadt und doch trennen uns Welten. Wir wussten, dass es so kommen würde, aber konnten wir wissen, dass es so bald kommen würde? Die Straße unter unseren Füßen, die Häuser an unserer Seite, der Himmel über uns, wann werden wir das alles wiedersehen? Wann werde ich den lieblichen Klang der Vögel wieder hören, die mir am Morgen so schön singen? Ach, wie sehr wünschte ich, es müsste nicht sein. Ich kann nicht glauben, dass dies mein Schicksal sein soll. Aber, wie schwer wird es mir fallen, mich in meine neue Heimat einzugewöhnen. Ich bin ein sehr lebhaftes Mädchen und ich weiß, dass ich meine Beine kaum stillhalten kann. Und Mohrchen, mein liebes Mohrchen! Wie konnte ich dich nur zurücklassen? Aber Pim meinte, es muss sein. Will man mir denn jegliche Lebensfreude nehmen?... Nein, ich darf mich nicht unterkriegen lassen! Ich darf die Hoffnung nicht aufgeben! Wenn wir die Hoffnung verlieren in diesen dunklen Zeiten, sind wir verloren und werden nie das Ende des düsteren Tunnels erreichen, der unser Leben ist. Doch wie, wie frage ich? Die Antwort weiß nur der Herr allein, und ich vertraue auf ihn. Ich vertraue darauf, dass er mich trägt und hält, dass er bei mir ist, selbst in diesen noch so schweren Zeiten. Wenn das eine endet, beginnt etwas anderes. Vielleicht ist dies die einzige Chance, die wir haben, um zu überleben. Ich weiß, ich darf mich nicht beschweren, denn eigentlich haben wir es gut, wir konnten uns retten. Für so viele ist es zu spät! Auch wenn ich nicht weiß, wohin mich der Weg des Herrn führt, ich bin bereit, ihn zu gehen. Denn was bleibt mir anderes? Einzig die Hoffnung bleibt!

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